Der Wohlfahrtsfonds - eine unendliche Geschichte

Nichts hat in der vergangenen Kammerfunktionsperiode zu mehr und hitzigeren Diskussionen in der erweiterten Vollversammlung (=Ärztekammervollversammlung und fünf Vertreter der Zahnärztekammer) geführt als dieses Thema. Immer wieder stelle ich jedoch fest, dass bei den von uns vertretenen Ärztinnen und Ärzten ein erhebliches Informationsdefizit besteht, das sowohl unstrittige Tatsachen als auch ihre „positionsabhängige“ Interpretation betrifft.

Ich möchte daher versuchen, hier einiges klarzustellen:

1. Der Fonds hat dringenden Sanierungsbedarf. Das ist seit Jahren bekannt.

2. Die derzeitigen Pensionisten sind größtenteils „unterdeckt“, d.h. sie haben nicht in dem Ausmaß eingezahlt, das ihren Pensionen entspricht.

3. Es liegen verschiedene Konzepte zur Sanierung vor.


4. Zur Sanierung gibt es verschiedene Ansatzpunkte: die Beiträge, die Ansprüche zukünftiger Generationen, die Bezüge der derzeitigen Pensionisten.

5. In die Bezüge der Pensionisten kann nur bis maximal 20 % eingegriffen werden, das ist die Obergrenze eines „Pensionssicherungsbeitrages“.

6. Es ist nicht möglich, nur die Pensionen zu kürzen, die Aktiven müssen im gleichen Ausmaß in die Pflicht genommen werden.

7. Eine Reform der Satzungen kann nur mit Zweidrittelmehrheit in der erweiterten Vollversammlung beschlossen werden.

8. Diese Zweidrittelmehrheit für das Konzept Huber-Heubeck hat es in der vorigen Funktionsperiode einfach nie, in keiner Konstellation, gegeben. Das gleiche gilt für das Konzept Haas-Zahnärzte-Riegler.

Hier verlassen wir den Boden der gesicherten Fakten und begeben uns in unsere Interpretation derselben, allerdings in eine nicht besonders spekulative:

9. Um dieses Problem zu beheben, hätte man verhandeln müssen.

10. Verhandlungen, die den Namen verdienen, haben nie stattgefunden. Es gab circa 4 Jahre lang Entgleisungen, Beschimpfungen, Sitzungen, in denen man sich am liebsten verkrochen hätte – ohne Erfolg.

11. Eine Arbeitsgruppe, die nach viereinhalb Jahren Streit eine Annäherung hätte bringen sollen, wurde auf Anregung unserer Fraktion nach der Juni-Vollversammlung gegründet, tagte am 10. August erstmalig und am 23. November das zweite und letzte Mal, vor der Vollversammlung am 28. November. Einige unserer Änderungsvorschläge wurden angenommen. Gemeinsam „gearbeitet“ wurde nie.

12. Die Unterlagen für diese Vollversammlung erhielten die Mitglieder dann am Freitag vor der Versammlung am Montag, genau so, wie vor der Vollversammlung im Juni.

Nun noch einige Fakten, die den Wohlfahrtsfonds im Allgemeinen betreffen und die, wie ich in zahllosen Gesprächen festgestellt habe, nicht bei allen Kammerangehörigen bekannt sind:

1. „Wenn ich das Geld, das ich für den Wohlfahrtsfonds zahle, in eine private Vorsorge investiere, erhalte ich viel mehr.“ Hier wird übersehen, dass man bei privater Vorsorge den Betrag nicht von der Steuer absetzen kann. Also hat man nur ungefähr 50 % der Summe zur Verfügung. Wer es nicht glaubt, bitte den Steuerberater fragen!

2. „Ich bin gegen diese Bevormundung, das soll freiwillig sein!“ Wenn es freiwillig ist, kann man das Geld nicht von der Steuer absetzen. Wer es nicht glaubt-s.o.

3. „Ich bin gegen diese Bevormundung, der Fonds soll aufgelöst und ausgezahlt werden!“ Dazu ist nicht annähernd genug Geld da. Die Umlagekomponente ist zu hoch (d.h. wir haben derzeit ein Mischsystem aus Kapitaldeckung und Finanzierung über die Beiträge der Aktiven. Wenn man auszahlen würde, wären die Pensionen für die derzeitigen Pensionisten und die pensionsnahen Jahrgänge nicht finanzierbar. Die Betroffenen würden klagen und nach dem Prinzip des Vertrauensschutzes gewinnen.)

Nun kurz die Knackpunkte, die eine Einigung verhindern:

1. Das Konzept Haas-Zahnärzte-Riegler sah in seiner ursprünglichen Version Beitragserhöhungen vor, die für die jungen Kollegen inakzeptabel waren. Die Einführung eines Pensionssicherungsbeitrages wurde abgelehnt. Das Konzept wurde vom Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds (und den Zahnärzten) weiterverfolgt, unter Aufnahme eines Pensionssicherungsbeitrages, von der Vollversammlung aber nicht.

2. Das Konzept Huber-Heubeck saniert über einen zwanzigprozentigen Pensionssicherungsbeitrag, eine zwanzigprozentige Reduktion der Pensionen und die zusätzliche Einführung eines Demographiefaktors, der eine weitere fünfprozentige Reduktion der Pensionen für Neueintretende (und eine jeweils anteilig geringere Reduktion für im System Befindliche) mit sich bringt.

3. Was hier wirklich problematisch ist und nicht ausreichend publik gemacht wurde: die Pensionen werden eingefroren, es ist keine Valorisierung auf Jahrzehnte möglich. Das bedeutet, dass in 20 Jahren die Pension eines heutigen Spitalsarztes, der im Durchschnitt 80 % der Höchstpension von 1180€ (also ungefähr 950€) im Verlauf seines Berufslebens erreichen wird, um weiter 20 % auf 750€ reduziert wird. Da bleibt sie dann. Dieser Betrag wird dann einen Geldwert von heute 500 - 600€ bei nicht allzu hoher Inflation haben. Eine Wertsicherung wird unter den vorgeschlagenen Statuten eher nicht möglich sein.

4. Ein weiteres, besonders von unseren Zahnarztkollegen beanstandetes Problem, das nicht öffentlich diskutiert wurde, ist die hohe Kapitaldeckung, die in diesem System erfolgt: es werden bis zu 450 Millionen an Kapital angespart, das aber natürlich den Schwankungen der Börse ausgesetzt ist und potentiell auch teilweise verloren gehen kann. Das ähnelt einem endfälligen Kredit-damit sollen zuletzt einige Leute ziemlich auf die Nase gefallen sein.

Wir glauben, dass zwischen diesen beiden Positionen ein Kompromiss herzustellen sein muss, der die Jungen nicht „weißblutet“, aber die Pensionen nicht so weit reduziert, dass sie in 30 Jahren völlig entwertet sind.
Ich bin 55 Jahre alt und rechne nicht mit mehr als 750€ Pension im besten Fall. Ich akzeptiere den Pensionssicherungsbeitrag als Resultat einer Entwicklung, die nicht rückgängig zu machen ist. Muss dieser Betrag aber noch zusätzlich zu den Lebzeiten der heute jungen Generation völlig entwertet werden? Und will die nächste Ärztegeneration das so haben?

Machen wir noch einen Anlauf und versuchen wir, diese Entwicklung zu stoppen und die Pensionen nicht völlig zu entwerten, denn das trifft uns alle, Junge wie Alte!

 

Dr. Petra Preiss

 

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